Das Sprechtheater ist keine ur-chinesische Theaterform. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde es von chinesischen Intellektuellen nach China gebracht, eine Konsequenz des Zusammenbruchs der alten Gesellschaft und ihrer kulturellen Ausdrucksformen. Zunächst wurden ausschließlich westliche Stücke gespielt, etwa ab den Dreißigerjahren hat sich in China auch eine eigene Dramatik entwickelt, in der sich die Auf- und Umbrüche der Geschichte des Landes spiegelten. Inzwischen floriert das Drama in China in verschiedensten Ausprägungen, im April 2007 gab es aus Anlass des hundertjährigen Geburtstags des Huaju sogar ein großes Fest, bei dem 31 ausgewählte Theatertruppen aus dem ganzen Land in den Theatern Beijings ihre Produktionen präsentierten. Der bekannteste zeitgenössische Dramatiker Chinas dagegen, Guo Shixing, schätzt die Bedeutung der chinesischen Dramatik heute eher gering ein: „Das chinesische Theater hat in etwa die gleiche Relevanz wie der chinesische Fußball, also eine eher geringe.“ Sabine Heymann wird in ihrem Vortrag die kurze und wechselvolle Geschichte des Huaju von den Anfängen bis heute nachzeichnen und dabei auch auf den nachhaltigen Einfluss von Brechts Theater auf das chinesische Sprechtheater eingehen.
Sabine Heymann ist Kulturjournalistin, Theaterkritikerin und Übersetzerin und war von 2001 bis 2017 Geschäftsführerin des Zentrums für Medien und Interaktivität (ZMI) der Gießener Universität. Als Kennerin der Theaterszene in Italien und China hat sie bei zahlreichen internationalen Festivals und Projekten im In- und Ausland als künstlerische Beraterin mitgewirkt. Mit dem chinesischen Theater ist sie seit der Moderation des Workshops „One table two chairs“ am Haus der Kulturen der Welt (Berlin) im Jahr 2000 intensiv befasst. Seither führten sie Reisen und Arbeitsaufenthalte immer wieder nach China. 2009 erschien in Theater heute ihr großer Report über das Theater in Shanghai. Aktive Teilnahme an mehreren Europäisch-Chinesischen Kulturdialogen, Tagungen und Workshops des Goethe-Instituts sowie im Rahmen der Kooperation zwischen dem ZMI und der Shanghai Theatre Academy. 2011 Kuratorin des 3. Deutsch-Chinesischen Theaterforums in Chonqing (Goethe-Institut Shanghai/DuC – Deutschland und China gemeinsam). Vorträge und Podiumsdiskussionen in Hamburg, Shanghai, Jena, Salzburg usw. und 2015 bei der internationalen Konferenz „Turning Point of the Theatre“ in Shanghai Moderation des Panels zum Neuen Musiktheater. Im April 2017 gab Sabine Heymann, gemeinsam mit Cao Kefei und Christoph Lepschy, das Buch „Zeitgenössisches Theater in China“ (Alexander Verlag Berlin) heraus, das erstmals einen umfassenden Einblick in die Facetten des chinesischen Theaters der Gegenwart gibt. Der Band ist bei Kritik und Experten auf überaus positive Resonanz gestoßen, er gilt schon jetzt als Standardwerk, mit dem Theatergeschichte geschrieben wurde (http://www.uni-giessen.de/fbz/zmi/fbz/zmi/das-zmi/publikationen/weiterepublikationen/theaterchina).
Im Anschluss an die Veranstaltung laden wir zu einem kleinen Empfang.
Sprache: Deutsch
Wann: 22. Juni 2018, 18:30 Uhr
Wo: Konfuzius-Institut Frankfurt, Dantestr. 9, 60325 Frankfurt
Eintritt: Frei